Zimmermann, Frieder
Kurzbiografie
„Die DDR ist ein unmenschlicher Staat.“
Frieder Zimmermann absolvierte nach dem Abschluss an der Polytechnischen Oberschule eine Bäckerausbildung. Da er sich allerdings schon länger wesentlich mehr für das Militär als für das Bäckerhandwerk interessierte, arbeitete er nach seiner Ausbildung nur zwei bis drei Monate als Bäcker und ging anschließend zur Armee. Nach der Entlassung aus dieser kam sein erlernter Beruf für ihn nicht mehr in Frage. Zudem vermittelte ihn das Wehrkreiskommando Annaberg-Buchholz zur Gesellschaft für Sport und Technik (GST), bei der er bald die Verantwortung für die Schießsportausbildung im gesamten Annaberger Kreis trug. Im Jahr 1975 wurde ihm – schon allein aufgrund seines Amtes – nahegelegt, der SED beizutreten. Da Frieder Zimmermann zufrieden mit seinem neuen Berufsbild war, kam er dem Anliegen entgegen. Nach verschiedenen Lehrgängen avancierte er zum Oberinstrukteur.
Im Jahr 1980 hörte er bei der GST auf. Er schulte zum Facharbeiter für Bergbautechnologie um und fing bei der Wismut GmbH an. Da ihm die Parteizugehörigkeit nun nicht mehr notwendig erschien, wollte Frieder Zimmermann 1982/1983 aus der Partei austreten. In mehreren betrieblichen „Aussprachen“ bekam er jedoch gesagt, er könne nicht aus der Partei austreten, da ihn diese ausschließen werde. In der Folge wurde Frieder Zimmermann die Jahresendprämie gekürzt und der Betrieb drohte ihn aus der Brigade zu werfen, wenngleich der Brigadier hinter ihm stand. Seine Unzufriedenheit wuchs.
Im Jahr 1986 beantragte Frieder Zimmermann eine zehntägige Besuchsreise nach Westdeutschland. Anlass war der Geburtstag seines an Lymphknotenkrebs erkrankten Onkels. Neun Tage Ausreise gewährten ihm die Behörden. Kurz vor seiner Abreise in die DDR bat Frieder Zimmermann die Ärztin seines Onkels vorsorglich um ein amtlich beglaubigtes Attest, das er beim nächsten Antrag als Besuchsgrund vorlegen wollte. Das Attest erreichte ihn im September 1986. Die ostdeutschen Behörden zweifelten an der Echtheit des Attestes. Familie Zimmermann stellte am 8. Oktober 1986 den Antrag auf Ausreise, um dem kranken Onkel zu pflegen. Frieder Zimmermann wandte sich schriftlich an Erich Honecker und Innenminister Dickel und bat um Unterstützung seines Anliegens. Wieder musste er „Aussprachen“ über sich ergehen lassen, diesmal beim Rat des Kreises bei der Abteilung Inneres. Bei der „Aussprache“ am 1. April 1987 fand Frieder Zimmermann deutliche Worte, als er die DDR einen unmenschlichen Staat nannte. Noch am selben Tag wurde er „zur Klärung eines Sachverhaltes“ abgeholt und in die Untersuchungshaft des Kaßberg-Gefängnisses gebracht.
Am nächsten Tag erfuhr Frieder Zimmermann vom zuständigen Haftrichter den Grund seiner Verhaftung. Laut Paragraf 220 StGB hätte er sich der „öffentlichen Herabwürdigung der staatlichen Ordnung“ schuldig gemacht. Vorgelegt wurde ihm eine vorbereitete Vollmacht für den Anwalt Dr. Vogel, welche er unterschrieb. Frieder Zimmermann musste vom 2. April 1987 bis Ende Juni desselben Jahres im Kaßberg-Gefängnis bleiben. Bis auf seinen Zellengenossen, sah er in dieser Zeit keinen anderen politischen Häftling, auch weil der Verkehr auf den Gängen per Ampelschaltung reguliert wurde. Sobald ein Lichtsignal brannte, hatte sich kein anderer Gefangener auf dem Gang zu befinden.
Die erste Woche nach der Verurteilung wurde er in der angrenzenden U-Haft des Ministeriums des Inneren inhaftiert. Den übrigen Teil seiner Haftzeit verbrachte Frieder Zimmermann im Strafvollzug auf der Reichenhainer Straße in Chemnitz. Im Zuge einer Amnestie von 1987 wurden viele kriminelle Gefangene aus der Strafvollzugsanstalt entlassen. Frieder Zimmermann wurde als Erzieherbereichsältester eingesetzt. Sein Arbeitsplatz umfasste die Umkleidekabinen und die Nebenküche zwischen Gefängnis und Arbeitsbereich. Dort konnte er sich etwas freier als andere Insassen bewegen und Essen schmuggeln. Seine Entlassung folgte am 3. Dezember 1987. Bei der Abteilung für Inneres wurde ihm mitgeteilt, seinem Ausreiseantrag werde nun entsprochen. Frieder Zimmermann fuhr nach dieser Information zurück zum Gefängnis. Mit einem vorher vereinbarten Zeichen signalisierte er vor dem Strafvollzug den Mithäftlingen, es gehe für ihn Richtung Westen.
Bis zum 15. Dezember 1987 musste sich die abreisefertige Familie noch gedulden. Frieder Zimmermann erhielt einen Laufzettel, um sich bei allen Behörden ordnungsgemäß abzumelden. Am 4. Januar 1988 wurde die gesamte Familie offiziell einbestellt und aus der Staatsbürgerschaft entlassen. Einen Tag später reiste die Familie endgültig aus. Der pflegebedürftige Onkel war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben. Familie Zimmermann übernahm dessen Haus in Waldaschaff bei Aschaffenburg. Frieder Zimmermann und seine Frau fanden schnell neue Arbeitsplätze. Sie gewöhnten sich schnell an ihr neues Leben in Freiheit. Frieder Zimmermann erklärt heute, dort hätte er sich entfalten können.