11. Geschichtsmesse in Suhl: Unser Verein war dabei

Vom 25. bis zum 27. Januar 2018 fand in Suhl die 11. Geschichtsmesse unter dem Titel „Der diskrete Charme der Diktatur? Gefährdungen von Demokratie gestern und heute“ statt. Für den Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e. V. nahmen Christian Lieberwirth und Steffi Lehmann teil. Etwa 350 Personen zählte die Geschichtsmesse im Suhler Ringberg Hotel. Unser Verein war mit einem eigenen Stand auf dem „Markt der Möglichkeiten“ vertreten.

 

                    Das Ringberg Hotel                                               Christian Lieberwirth und Steffi Lehmann

Nach einer schönen Begrüßung durch die Geschäftsführerin der Bundesstiftung Aufarbeitung, Frau Dr. Kaminsky, und dem Oberbürgermeister von Suhl, Herrn Triebel, bekamen die Teilnehmer am ersten Tag einen Kurzfilm über die vergangene Geschichtsmesse von Schülern der Ricarda Huch Schule in Gießen zu sehen. Einige der Schüler besuchten später unseren Vereinsstand und informierten sich über die Geschichte des Häftlingsfreikaufs, in der Gießen schließlich eine besondere Rolle einnahm. Ihrer Präsentation folgten am 25. Januar ein Vortrag von Prof. Baberowski (Humboldt-Universität Berlin), ein Podium zum Thema „Über Schwierigkeiten, aus der Geschichte zu lernen“ sowie der Dokumentarfilm „Montags in Dresden“ über Pegida.

 

Gießener Schüler am Vereinsstand                                                      Prof. Baberowski               

Am 26. Januar begann die Geschichtsmesse mit dem Podium „Herausforderungen des Beutelsbacher Konsenses angesichts aktueller Gefährdungen von Demokratie“. Auch Dr. Jehn von der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung gehörte dem Podium an, was uns besonders freute, da er im Oktober 2017 das Kaßberg-Gefängnis besichtigt hatte. Bis zum Abend konnten sich die Teilnehmer der Messe mehr als 50 Projektpräsentationen von Vereinen, Gedenkstätten, Universitäten, Bildungseinrichtungen, Archiven und Instituten anschauen. Christian Lieberwirth besuchte den Workshop „Lernen am historischen Ort“, Steffi Lehmann „Zeitzeugen in der Bildungsarbeit“. Den zweiten Tag beschloss der Vortrag von Maximillian Steinbeis: „Was wäre wenn? Oder: Wie wehrhaft ist unsere Demokratie?“

Zwischen den Veranstaltungen und Workshops hatten die Besucher die Möglichkeit, sich an unserem Stand über die Angebote des Vereins und über die Geschichte des Kaßberg-Gefängnisses zu erkundigen. Besonders Lehrer begeisterten sich für unsere Publikationen. Eine junge Lehrerin trat unserem Verein sogleich bei. Über den Besuch von Roland Jahn, dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, an unserem Vereinsstand freuten wir uns ganz besonders.

 

Nachfragen zur Zukunft des Kaßberg-Gefängnisses    Unsere Zeitzeugen-Führungen stießen auf großes Interesse

 

 

Eine junge Lehrerin trat unserem Verein bei                                   Roland Jahn am Vereinsstand             

 Wir danken der Bundesstiftung Aufarbeitung für die Möglichkeit der Teilnahme an der Geschichtsmesse und für die Organisation. Wir haben alte Freunde getroffen, neue kennengelernt und Kontakte geknüpft.

 


Mit unseren Standnachbarn vom
Deutschen Kulturforum östliches Europa und
Berliner Unterwelten e. V. tauschten wir sehr gerne
Publikationen aus.

 

 

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„Schule ist der Bereich, der Menschen am meisten prägt.“

Sehr gern folgte unser Verein am 20. November 2017 der Einladung der Sächsischen Bildungsagentur Regionalstelle Chemnitz zur Fachtagung „Denkanstöße. Politische Bildung und demokratische Schulentwicklung an sächsischen Schulen“. Unweit des Podiums der Fachtagung – diese fand im Business Village statt – zeigte unser Vereine Ausschnitte aus der Ausstellung „Das Kaßberg-Gefängnis und seine Gesichter“.

 
                       Steffi Lehmann am Vereinsstand                                                               Volker Bausch im Gespräch

Unsere Vorstandsmitglieder Volker Bausch und Chris Bürger sowie die wissenschaftliche Mitarbeiterin, Steffi Lehmann, klärten die interessierten Besucher über die Geschichte des Kaßberg-Gefängnisses, über die Arbeit des Verein und über dessen Ziel auf, in einem Teil der ehemaligen Haftstätte eine Gedenkstätte zu errichten und zu betreiben. Da sich die Fachtagung in Chemnitz an Lehrer und Lehrerinnen aller Schularten richtete, gaben die Vertreter unseres Vereins besonders gern Auskunft über Fragen zu politischen Bildungsangeboten, etwa Führungen oder Zeitzeugengesprächen. Nachdem Herr Bèlafi, Referatsleiter im Sächsischen Staatsministerium für Kultus, über die Wichtigkeit der politischen Bildung an sächsischen Schulen sprach, äußerten sich vier Experten zur demokratischen Schulentwicklung.

 
Ausschnitte unserer Ausstellung im Foyer des Business Village                       Chris Bürger und Volker Bausch mit Kurt Edler, einem der
                                                                                                               eingeladenen Experten zum Thema demokratische Schulentwicklung

 

Über einen Eintrag in das Gästebuch des Lern- und Gedenkortes Kaßberg-Gefängnis e.V. freuten sich Volker Bausch, Chris Bürger und Steffi Lehmann ganz besonders: Freya Klier, ehemalige Bürgerrechtlerin, Schauspielerin, Autorin und Regisseurin, gab nicht nur den vierten Denkanstoß, indem sie betonte, Schule sei der Bereich, der Menschen am meisten präge, sie wünscht unserem Verein auch viele Schülerklassen. In unser Buch schrieb sie: „Es ist sehr gut und wichtig, was Ihr da macht!“ Ein großes Dankeschön geht an Frau Bausch von der Sächsischen Bildungsagentur für den schönen Veranstaltungsort und für die tolle Organisation.

 

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„ ‚Freiheit‘ ist ein großes Wort, so heißt es. ‚Freikauf‘ ist auch ein großes Wort“

Am 2. Oktober 2017 durfte unser Verein anlässlich des Tages der Deutschen Einheit im Rathaus Gießen die Ausstellung „Das Kaßberg-Gefängnis und seine Gesichter“ feierlich eröffnen. Zu Beginn des Festaktes im Rathaussaal begrüßte die Oberbürgermeisterin der Stadt Gießen, Frau Grabe-Bolz, die 150 geladenen Gäste. Sie bedankte sich bei unseren Zeitzeugen Frau Sabine Popp und Herrn Chris Bürger sowie bei unserer stellvertretenden Vorsitzenden Frau Hanka Kliese. Der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. bringe uns, „unsere eigene Geschichte näher“, so Frau Grabe-Bolz. Anschließend sprach Roland Jahn, der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, über den Häftlingsfreikauf.

Auch er begrüßte Sabine Popp und Chris Bürger sowie Hanka Kliese. Roland Jahn würdigte das Engagement der beiden Zeitzeugen. Die zwei Bürgerrechtler hätten es möglich gemacht, „dass wir heute hier sitzen“. Der Bundesbeauftragte stellte eine Reihe von Fragen, etwa welche Werte wir heute haben wollten und warum es in der DDR zwei Millionen SED-Mitglieder gab. Er erinnerte an den ersten Häftlingsfreikauf vom 3. Oktober 1963 und berichtete von seinen persönlichen Erfahrungen im Zuchthaus Cottbus: „Ein Wort zu viel und es hagelte schnell mal Prügel vom Wachpersonal.“ Er selbst träumte zu dieser Zeit von einem Leben mit seiner Familie in Westdeutschland, von dem Bus, der nach Gießen fuhr. Anhand verschiedener Biografien von politisch Verfolgten des SED-Regime verdeutlichte Roland Jahn: „Demokratie und Menschenrechte sind keine Selbstverständlichkeit.“ Das führe zur Frage, wieweit die Anpassung in der DDR reichte. Oftmals vermisse er ein Bekenntnis zur Verantwortung, so Roland Jahn abschließend.

Nach einer musikalischen Einlage des Oberstufenchores der Liebigschule Gießen hielt Hanka Kliese eine beeindruckende Rede: „‚Freiheit‘ ist ein großes Wort, so heißt es. ‚Freikauf‘ ist auch ein großes Wort. Dahinter stehen ca. 33.000 Menschen.“ Sie gab zu bedenken, dass es kein persönliches Verdienst sei, in einer Diktatur oder in einer Demokratie aufgewachsen zu sein. Sie erklärte, Ziel der Ausstellung war es, „dem Schicksal politischer Häftlinge in der DDR ein Gesicht zu geben“. Sichtlich betroffen waren die Gäste im Saal des Gießener Rathauses als Hanka Kliese über die Schicksale von Sabine Popp und Chris Bürger sprach. Für Sabine Popp bedeutete der Freikauf „Erlösung und Last zugleich“, für Chris Bürger erfüllte sich der Traum vom Freikauf nicht. Hanka Kliese resümierte, der Verein betone in seiner Arbeit stets, „dass es sich bei unserem Alleinstellungsmerkmal, dem Häftlingsfreikauf, um ein gesamtdeutsches Thema handelt. Tatsächlich wird das Thema politisch leider zu oft als ein ostdeutsches Thema betrachtet“. Zum Ende ihrer Rede sagte sie: „Betrachten Sie unseren Besuch hier in Gießen auch als einen späten Dank für das, was Bewohner Ihrer Stadt für die freigekauften Häftlinge getan haben.“

Frau Popp und Herr DörrNachdem offiziellen Festakt hatten die Gäste genügend Gelegenheit, sich die Ausstellung „Das Kaßberg-Gefängnis und seine Gesichter“ im Foyer des Rathauses anzuschauen. Frau Grabe-Bolz und Herr Jahn ließen sich von Frau Kliese über die Entstehung der Ausstellung aufklären, Frau Popp und Herr Bürger führten viele Gespräche und beantworteten Fragen. Der wohl schönste Moment an diesem Abend war das Wiedersehen zwischen Frau Popp und Herrn Dörr, dem ehemaligen Leiter des Notaufnahmelagers Gießen.

Zum Tag der Deutschen Einheit lud unser Verein für 14 Uhr erneut in den Hermann-Levi-Saal des Rathauses ein. Am Vormittag des 3. Oktober fuhren Sabine Popp, Chris Bürger, Hanka Kliese und Steffi Lehmann mit Herrn Dr. Brake vom Stadtarchiv Gießen zum Notaufnahmelager. Am Nachmittag begann die Veranstaltung mit einem Kurzvortrag von Steffi Lehmann. Sie sprach über die Arbeit des Vereins und über den Aufbau der Ausstellung. Vor dem Zeitzeugengespräch schauten sich die Besucher den zwölfminütigen Zeitzeugenfilm zur Ausstellung an. Moderiert wurde das Zeitzeugengespräch mit Sabine Popp und Chris Bürger von Hanka Kliese und Steffi Lehmann. Die Biografien unserer Zeitzeugen bewegten das Publikum sehr. Selbst nach Ende des Zeitzeugengesprächs wandten sich die Besucher noch im Foyer des Rathauses mit persönlichen Fragen an Sabine Popp und Chris Bürger.

Der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. bedankt sich ganz herzlich bei Sabine Popp, Chris Bürger, Hanka Kliese und Roland Jahn. Ein besonderer Dank geht an die Oberbürgermeisterin der Stadt Gießen, Frau Grabe-Bolz, sowie an Herrn Dr. Brake und Herrn Heidl vom Stadtarchiv Gießen. Die Ausstellung kann noch vier Wochen im Rathaus Gießen vor der Stadtbibliothek besichtigt werden. Sie wurde gefördert durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten aus Mitteln des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst.

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Dr. Wolfgang Welsch besichtigt das Kaßberg-Gefängnis

Am Montag, dem 25. September 2017, führten einige unserer Zeitzeugen Herrn Dr. Welsch und seine Gattin durch das ehemalige Kaßberg-Gefängnis. Herr Welsch ist einer der bekanntesten politischen Häftlinge der DDR. Er wurde über das Kaßberg-Gefängnis von der Bundesrepublik freigekauft.

  

Der Besuch von Herrn Welsch in Chemnitz ist dem zivilgesellschaftlichen Engagement von Christian Richter (im linken Bild, ganz links) zu verdanken.
Am Vormittag des 25. September trat Herr Welsch im Rahmen eines Schulprojektes im K.-Schmidt-Rottluff-Gymnasium auf, am Abend hielt er in der Aula der Schule einen autobiografischen Vortrag. Der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. unterstützte das von Christian Richter initiierte Projekt von Anfang an.

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Unsere Ausstellung im Eichsfeld ist gut besucht

Die Ausstellung „Das Kaßberg-Gefängnis und seine Gesichter“ ist noch bis zum 15. September 2017 im Grenzlandmuseum Eichsfeld zu sehen. Die Ausstellung wird von den Besuchern sehr gut angenommen. Ein großer Dank geht an die Geschäftsführerin Mira Keune.

         

Die Ausstellung „Das Kaßberg-Gefängnis und seine Gesichter“ wurde gefördert durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten aus Mitteln des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst.

 

 

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Ausstellungseröffnung am 15. August 2017 im Grenzlandmuseum Eichsfeld

Am 15. August 2017 eröffneten wir unsere Ausstellung „Das Kaßberg-Gefängnis und seine Gesichter“ im Grenzlandmuseum Eichsfeld. Die Veranstaltung begann 19 Uhr in der Bildungsstätte. Nach der Begrüßung durch die Geschäftsführerin des Museums, Frau Keune, folgte ein kleiner Vortrag von Steffi Lehmann über den Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. und über die 2016 entstandene Ausstellung. Die Besucher erhielten Informationen zur Entstehungsgeschichte des Vereins und über die vergangenen Museumsnächte im ehemaligen Kaßberg-Gefängnis. Dabei würdigte sie vor allem das Engagement der Zeitzeugen und Zeitzeuginnen. Nach dem Vortrag und einem kurzen Zeitzeugenfilm, berichtete Chris Bürger von seinem Schicksal. Maik Reinhardt konnte leider nicht wie geplant am Zeitzeugengespräch teilnehmen. Chris Bürger beantwortete abwechselnd die Fragen von Frau Keune und Frau Lehmann. Er erzählte von seinem Leben in der DDR, von den zwei gestellten „Anträgen auf ständige Ausreise“ Mitte der 1980er Jahre und von den Repressionen.

Chris Bürger schilderte, er habe sich mit den Bedingungen in der DDR nicht mehr abfinden wollen, er sei der ständigen politischen Phrasen und der Ungerechtigkeiten überdrüssig gewesen. Er erklärte dem interessierten Publikum, wie er gemeinsam mit zwei Freunden geplant hatte, das Land „illegal“ zu verlassen. Vom Verrat durch einen der Beiden erfuhr er erst einige Zeit später. Eingehend sprach er über seine ersten Gedanken nach der Verurteilung zu drei Jahren Freiheitsstrafe und über die Haftzeit. Im Kaßberg-Gefängnis musste er 1986 ein halbes Jahr in Einzelhaft verbringen, bevor er in das Zuchthaus Cottbus transportiert wurde. Am Ende des Gesprächs beschrieb er seine Flucht in die deutsche Botschaft nach Prag. Zur Überraschung aller Anwesenden meldete sich daraufhin ein Mann aus dem Publikum. Er hatte Chris Bürger wiedererkannt. Sie waren zur selben Zeit in der deutschen Botschaft in Prag gewesen.

  

Der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. bedankt sich ganz herzlich bei Chris Bürger, Frau Keune und dem gesamten Team des Grenzlandmuseums Eichsfeld für die gelungene Ausstellungseröffnung. Die Ausstellung kann noch bis zum 15. September im Museum besichtigt werden. Die Ausstellung "Das Kaßberg-Gefängnis und seine Gesichter" wurde gefördert durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten aus Mitteln des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst.

 

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Gedenkveranstaltung der VOS Chemnitz zum 17. Juni

niedergelegte Kränze vor der Stele der VOS, auch der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis legte Blumen nieder

 

 

Alljährlich treffen sich die Kameraden und Kameradinnen der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e. V. Bezirksgruppe Chemnitz (VOS) am 17. Juni zum Gedenken an den Volksaufstand in der DDR von 1953. Auch dieses Jahr ermöglichte der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e. V. den Mitgliedern der VOS und allen Interessierten im Vorfeld der Gedenkveranstaltung eine Führung durch das ehemalige Haftgebäude. Anschließend beteiligten sich Vertreter des Vereins an der Gedenkveranstaltung. Der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. und die VOS Bezirksgruppe Chemnitz arbeiten seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammen. Wir wünschen der VOS für Ihre weitere Arbeit alles Gute und werden diese auch weiterhin gern unterstützen.

 

  
Zeitzeuge Rolf Kiesel mit Mitgliedern der VOS vor der Schleuse                                 Die Besuchergruppe im sogenannten Vogel-Käfig

 

 

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„Du bist immer noch nicht in der FDJ, du willst ja auch nochmal Abitur machen.“

Die Besucher konnten sich auch mit eigenen Fragen an das Podium wenden
v.l.n r. : Hartwig Albiro, Hanka Kliese, Jörn-Ulrich Brödel und Klaus-Gregor Eichhorn.

Am 9. Juni 2017 berichteten uns die Zeitzeugen Jörn-Ulrich Brödel und Hartwig Albiro von ihren Erfahrungen in der DDR der späten 1940er Jahre. Moderiert wurde das Gespräch von Hanka Kliese, Sprecherin für Erinnerungskultur der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag und stellvertretende Vorsitzende des Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e. V, sowie dem Chemnitzer Filmemacher Klaus-Gregor Eichhorn.

 
Vor dem Zeitzeugengespräch wurden Ausschnitte aus einem Dokumentarfilm über die Altenburger Widerstandsgruppe gezeigt
("Vier Schüler gegen Stalin"/MDR)

Jörn-Ulrich Brödel und Hartwig Albiro erzählten den Besuchern in der Rotunde des ehemaligen Kaßberg-Gefängnisses von dem politischen Druck, der vor allem auf der Jugend lastete. Beide besuchten dieselbe Schule. Als besonders erdrückend empfanden sie die politischen Vereinnahmungsversuche und die ständige Gängelei doch endlich in der FDJ mitzumachen. Die ihnen aus der Zeit des Nationalsozialismus vertrauten Aufmärsche, Fahnenappelle und Jubelbekundungen auf das – angeblich – nun demokratische System betrachteten sie mit Skepsis. Während Hartwig Albiro seine Liebe zur Schauspielerei und zum Theater entdeckte, übte Jörn-Ulrich Brödel mit anderen Jugendlichen aktiven Widerstand. Nach dem Vorbild der „Weißen Rose“ planten sie ausschließlich gewaltfreie Aktivitäten. So versahen sie einige Altenburger Fassaden in einer nächtlichen Aktion mit einem „F“, stellvertretend für das Wort Freiheit. Da einer der jungen Männer ein begabter Amateur-Funker war, schmiedeten sie den Plan einen Störsender zu errichten. Am Vorabend des 70. Geburtstages von Josef Stalin störten sie eine Propagandasendung der SED zu Ehren des sowjetischen Diktators mit dem eigens eingerichteten Piratensender. Die Gruppe flog auf. Die Altenburger Widerstandsgruppe war die einzige, die von einem Sowjetischen Militärgericht verurteilt wurde. Es folgten drakonische Strafen. In einem fingierten Gerichtsprozess wurden drei Jugendliche zum Tode verurteilt, Jörn-Ulrich Brödel erhielt 25 Jahre Zuchthaus. Im Jahr 1998 wurden alle Mitglieder der Altenburger Widerstandsgruppe rehabilitiert.

 
Jörn-Ulrich Brödel berichtet von der Widerstandsaktion und von der Verhaftung            Hanka Kliese im Gespräch mit Hartwig Albiro        

 
Der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e. V. bedankt sich bei den beiden Zeitzeugen für die tiefen und ergreifenden Einblicke in ihr Leben. Ebenso möchte der Verein Hanka Kliese, Klaus-Gregor Eichhorn und dem Team von „politik offen“, insbesondere Egmont Elschner, für die Organisation danken.
Die Veranstaltung „Piratensender gegen Stalin“ wurde gefördert durch den Lokalen Aktionsplan für Demokratie, Toleranz und für ein weltoffenes Chemnitz.

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